Abschiedsbrief von Andreas :


Das wollte ich Euch noch sagen


Meine „kleinen“ Lieben,


es ist schon verrückt, dass man bei manchen Dingen dabei war und sich erst nach Jahrzehnten erinnern kann! So ging es auch mir mit euch. Mein Leben lang hat mir immer was gefehlt und immer als ich mich freute kamen mir die Tränen. Ich dachte dass dies Freudentränen sind, aber es fühlte sich nie so an. Erst nach fast 10 Jahren Therapie, weiß ich nun dass es euch gibt. Von dir meine Schwester habe ich vor 8 Jahren erfahren und von dir mein Bruder erst vor 7 Monaten. Es gibt keinen medizinischen Beweis und das macht es so schwer es anzunehmen, dass es euch gibt. Viele Leute( auch Therapeuten) wollen es einem ausreden und das mit mehr oder weniger Erfolg. Aber es kommt immer wieder und heute bin ich mir sicher dass es euch gibt!

 

Wir 3,  zwei Jungs und ein Mädchen, haben uns damals zusammen entschieden auf die Welt zu kommen und dass haben wir auch getan. Wir waren noch so klein, aber die Liebe zueinander schon so groß. Ich konnte euch ja nur wahrnehmen und nicht sehen, aber dass was ich fühlte und spürte, machte mich sehr glücklich und es war schön in dieser Einheit. In dieser Einheit, tat sich zusammen was zusammen gehört. Heute kann ich euch nur in Seelenbildern beschreiben, denn das ist alles was ich von euch habe! Dann kam dieser Moment, wo du meine Schwester mich an gelächelt hast, aber du dich immer weiter von mir entfernt hast, wie von mir weg geflogen bist, bis ich dich nicht mehr sehen konnte. Das war schlimm für mich, denn zuerst wusste ich nicht was geschehen war! Du hast mich verlassen mit diesem Lächeln im Gesicht und dieser tiefen Liebe und Zufriedenheit in deinem Blick. Ich fühlte wie du aus dem Leben gingst und mir dabei trotzdem all deine Liebe gegeben hast. Wie kannst du mir nur all deine Liebe geben und mich trotzdem verlassen? Die Einheit war zerrissen und ich blieb zurück. Es war einsam und es fehlte ein Teil von mir. Ich hatte Angst was jetzt wohl mit mir geschieht und ich konnte es nicht verstehen. Dann gab es ja noch meinen Bruder. Von ihm habe ich erst sehr spät erfahren, dass es ihn gegeben hat und dass wir zu dritt waren. Ich kann nicht sagen warum, aber auch er ist aus dem Leben gegangen, aber nicht so wie du meine Schwester. Für dich war es ok aus dem Leben zu gehen und es ist auch ok soweit, aber mein Bruder hat furchtbar gelitten, das habe ich gespürt. Ich konnte ihm nicht helfen und hätte es gerne getan. Für mich war es eine Ewigkeit dieses Leid zu spüren und meine Angst auch ihn zu verlieren, bis er dann auch gegangen ist. Warum er so gelitten hat, kann ich nicht sagen, aber vielleicht hat er dein „Gehen“ nicht ertragen. Ihr seid gegangen und ich musste bleiben. Ich nahm es als eine Strafe an, zu leben, für etwas was ich nicht getan habe. Ich war nicht mehr in dieser Einheit und so allein. Und so kam ich auf die Welt …

 

So sah ich damals die ganze Tragödie. Heute sehe ich, dass wir uns dafür entschieden haben, jeder für sich. Eure Entscheidung sich nicht dem Leben zu stellen, muss ich akzeptieren und ich muss nicht mehr traurig sein darüber, denn ich hätte euch ja folgen können! Meine Entscheidung euch nicht zu folgen und mich dem Leben zu stellen, habe nur ich bewusst getroffen und niemand sonst. Unsere Einheit für die Zeit eines Menschenlebens aufzugeben, war der Preis dafür.

Ich frage mich heute nach 47 Jahren, ob mein bisheriges Leben diesen Preis wert war? Natürlich ist es das wert! Ich gebe nun meinem Leben diesen Wert, und mache etwas Wundervolles daraus, auch euch zu ehren. Für dieses Leben, habe ich mich von euch getrennt und die ganze Tragweite dieser Tragödie darf nicht umsonst gewesen sein.  Wir werden uns wiedersehen, aber noch nicht heute. Ich bleibe noch ein bisschen in meinem Leben, dann werde ich euch folgen, dahin wo ihr schon einmal voraus gegangen seid. Ihr werdet immer einen Platz in meinem Herzen haben und wir sind verbunden über die Liebe und nicht mehr über das Leid!

 

Euer Bruder

Sabine schrieb das Gedicht für ihre verlorene Schwester:

 

Dein Reich

Träume fliegen, tragen mich fort auf endlosen Schwingen

in Dein stilles Reich. Dorthin wo Zauber wirken

und die Farben heller strahlen, wo Unmögliches erfolgreich ist

und Wunder jede Nacht geschehen.


Die tiefe Sehnsucht meines zerrissenen Herzens

lässt mich leicht hinüber gleiten in diesen weiten goldenen Raum

in dem ich leider viel zu kurz verweilen kann und der mich doch gestärkt, gefüllt und heilender entlässt.

 

Noch trau ich mich nur selten diesem Rufen meiner Liebe nach zu geben und Dich zu suchen und zu finden, da wo Du noch bist.

Doch manchmal kommst Du von allein, formlos, farblos, lautlos

und doch so greifbar wie ein lebend Wesen.

 

Du kommst als würdest du mein Sehnen fühlen und

nimmst mich mit dir fort
in Deine Welt in der ich so viel lieber bin.
Dort bin ich endlich wieder Eins.

Flavia hat einen 10 Jahre alten Brief in einer alten Kiste gefunden. Sie hat ihn damals geschrieben, als sie ihren Zwilling besonders vermisst hat (damals war sie 14Jahre):


Hallo Schwester,


Du bist tot. Ich bin sehr traurig, das du tot bist.

Das heißt, das du nie mehr wiederkommen wirst...

und das macht es so schwer zu verstehen.

Das du eben für immer weg bist, macht mich unendlich traurig.

Aber trotzdem bist du mein Zwilling, für immer und ewig.

Bis zum Schluss haben wir gekämpft,

doch dann mussten wir uns trennen😢.

Nie wirst du mich umarmen können,

nie werden wir zusammen lachen und Spaß haben,

aber ich werde dich nie vergessen, nie.

Du bist eines der Glückskinder,

das die Zeit auf der Erde überspringen darf,

um dorthin zu kommen, wofür andere einen

weiten Weg gehen müssen.

Du bist nicht gegangen, du bist hier, in meinem Herzen,

für immer.❤️❤️

Stay strong in Heaven!

 

Dein Zwilling

 

 

 

Andi hat für seine Zwillingsschwester

ein paar Zeilen geschrieben:

 

Griaß Di liebe Zwillingsschwester Jenny

Heute (26.3.2016) ist es auf den Tag genau ein Jahr her das ich Dich wider entdecken durfte. Ich bin trotz der vielen Tränen, so unendlich dankbar dafür. Du fehlst mir so. Ich habe Dich all die Jahre so vermisst, ohne zu wissen was ich eigentlich vermisst habe. Ich vermisse Dich doch noch immer so sehr. Ob wohl ich spüre dass Du da bist und auch jetzt weiß dass Du immer für mich da warst. In diesem letzten Jahr ist mir vieles über mich selbst und mein Leben klargeworden. Danke dass Du mir dabei so sehr geholfen hast. Die Wertvollste Erkenntnis ist aber die: das man als Mensch mit unseren Beschränkungen einfach nicht den gesamten Plan Gottes verstehen soll. Du warst mein ganzes bisheriges  Leben wen ich Dich gebraucht habe immer an meiner Seite und das war oft, jetzt ist mir das erst bewusst geworden. Danke Danke Danke dafür! Ich habe und hatte immer solch eine Sehnsucht ganz bei Dir zu sein. Wir beide wissen dass dieser Herzens Wunsch erst mit meinen Tod erfüllt werden wird. Ich freue mich irgendwie schon sehr darauf, ich spüre aber dass es noch sehr lange dauern wird bis es so weit ist und ich endlich richtig echt bei Dir sein kann. Und auch bei allen anderen die vor mir gegangen sind. Ich bin fest davon überzeugt das Du auch gerne wieder mit mir vereint wärst. Und doch hast Du mir in einigen brenzlichen Situationen beigestanden und geholfen, damit dieses nicht geschehen ist. Das muss wahre Zwillingsgeschwister Liebe sein.

 Ps.: Ich weiß dass ich Dir eine Riesige Freude mache wenn ich glücklich bin, doch das ist ohne Dich oft nicht so richtig möglich! Dank dem vertrauen dass Du mir gezeigt hast dass ich in Dich und Gott haben kann. Gebe ich nicht auf sondern gehe meinen Weg weiter. Sei Bitte nicht Traurig wen ich mal Weine, an das habe ich mich schon gewöhnt, es gehört zu Leben einfach dazu und ist für mich mittlerweile auch OK.

 In Liebe und vollsten Vertrauen dein Zwillingsbruder Andi

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             aktualisiert am 16.09.2024